Hildegard von Bingen – Wer sie war
Kurz vor sieben Uhr, die Amseln flöten noch verschlafen. Ich stehe auf dem Bahndamm bei Bingen, direkt über den spärlichen Mauerresten des einstigen Klosters Rupertsberg. Die Luft riecht nach feuchtem Salbei. Plötzlich stelle ich mir vor, wie hier vor knapp neunhundert Jahren eine Nonne die Augen schloss – und das ganze Universum als leuchtende Kugel sah. Diese Nonne war v.
Warum fasziniert sie uns noch immer? Weil sie das seltene Kunststück schaffte, Mystik, Medizin, Musik und Machtpolitik zu verbinden – und das als Frau des 12. Jahrhunderts. Lass uns Schritt für Schritt eintauchen.
Lebensweg einer Ausnahmestimme
| Jahr | Ereignis | Schauplatz |
|---|---|---|
| 1098 | Geburt | Bermersheim, Rheinhessen |
| 1112 | Übergabe an das Kloster Disibodenberg | Nahe-Glan-Mündung |
| 1136 | Magistra (Leiterin des Konvents) | Disibodenberg |
| 1141 | Erste „befehlende“ Visionen – Gott fordert sie zum Schreiben auf | Zelle in Disibodenberg |
| 1150 | Gründung des Frauenklosters Rupertsberg | Bingen |
| 1165 | Zweite Klostergründung in Eibingen | Taunus-Hang über dem Rhein |
| 1179 | Tod – Beisetzung in Rupertsberg | Bingen |
| 7. Okt. 2012 | Heiligsprechung & Ernennung zur Kirchenlehrerin durch Benedikt XVI. | Petersdom, Rom |
Eine Frau mischt die Kirchenlandschaft auf
Auf Predigttour – „Road Trip“ anno 1158
Zwischen 1158 und 1170 verließ Hildegard wiederholt das Kloster, um in Mainz, Bamberg oder Metz zu predigen. Dass eine Frau ohne männlichen Schutzbrief vor Bischofssitzen redete, war revolutionär – manchen Geistlichen blieb der Messwein im Hals stecken. (abtei-st-hildegard.de)
400 Briefe, die Europa vernetzten
Ihre Korrespondenz reicht von Kaiser Friedrich I. Barbarossa bis zum Dorfbäcker, der Angst vor Dämonen hatte. Mal ruft sie zur Reform auf, mal tadelt sie lauwarme Klostervorsteher.
Persönliche Note: Beim Lesen ihrer Briefe spürt man kein Mönchslatein, sondern eine glühende Feder – vergleichbar mit einer wütenden WhatsApp, nur auf Pergament.
Naturheilkundlerin & Komponistin
Physica & Causae et Curae
Neun Bücher voll Pflanzen-, Edelstein- und Tierheilkunde, die Physica machten sie zur „Großmutter der Kräutertherapie“. Heute bestätigen Studien z. B. die mild krampflösende Wirkung ihres Fenchel-Kümmel-Anis-Tees – klingt vertraut, oder?
Musik, die bis ins All klingt
„O Ignis Spiritus Paracliti“ erstreckt sich über zwei Oktaven – rockt jede Schola. Ihre Notationen wirken wie filigrane Ranken, eine visuelle Viriditas.
Päpstliche Anerkennung – ein Marathon
1147/48 Trierer Synode – Papst Eugen III. lobt ihre Visionen öffentlich.
1584 – Eintrag ins römische Martyrologium (inoffizielle Heiligsprechung).
2012 – Benedikt XVI. hebt sie offiziell in den Stand der Heiligen und erklärt sie zur Kirchenlehrerin – erst die vierte Frau mit diesem Titel.
Kurze Rechenaufgabe: Vom Tod bis zur offiziellen Kanonisierung vergingen 833 Jahre. Geduld war offenbar eine himmlische Tugend.
Was du heute von Hildegard mitnehmen kannst
| Alltagssituation | Hildegards Impuls | Praktischer Tipp |
|---|---|---|
| Frühjahrsmüdigkeit | Viriditas tanken | Mach einen Kräuterspaziergang, knabbere den ersten Sauerampfer. |
| Kreative Blockade | „Lausche nach innen!“ | Fünf Minuten still sitzen, Hand aufs Herz – dann Notizbuch zücken. |
| Magendrücken | Fenchel-Kümmel-Anis | 1 TL jedes Samens, 250 ml kochendes Wasser, 10 min ziehen lassen. |
| Zweifel an der eigenen Stimme | Predigerin trotz Widerständen | Halte ein Kurz-Impuls-Referat in deiner Garten-WhatsApp-Gruppe. |
Fazit & Einladung zur Diskussion
Hildegard zeigt, dass Spiritualität und Bodenhaftung kein Widerspruch sind. Ihre Visionen wurzeln tief im Rheinschiefer, ihre Lieder klingen wie Vogelrufe im Weinberg.
Welche „grünen Eingebungen“ hast du schon erlebt?
Schreib unten in die Kommentare – vielleicht entsteht hier unser eigenes moderndes Liber vitae meritorum in Blogform.